Eigentlich wusste ich nicht wirklich, um was es in dem Buch „Penguin Bloom“ genau geht. Ok, ein Vogel, der eine Familie wohl wiederzusammengebracht hat – so viel hatte ich verstanden. Klingt erst einmal nach einem tollen Feel-Good-Buch. Aber das Buch ist weitaus mehr – unerwarteter Tiefgang und unglaublich emotional gewählte Worte. Ein Fotobuch die wichtigen Momente über eben diesen „Penguin“ und Familie Bloom festhalten.
Um was geht’s?
Wie so oft scheint ein Leben wohl perfekt: Cameron Bloom, beruflich Fotograf, trifft seine Traumfrau – Sam. Die beiden lernen sich im Alter von 15 bzw. 17 Jahren kennen. Sam ist die Frau, mit der Cameron den Rest seines Lebens verbringen. Sie ist eine starke Persönlichkeit, sportlich, zielstrebig, tough, voller Energie und schafft alles, was sie sich vornimmt – und dafür kämpft. Sie haben vieles gemeinsam, so auch die Reiselust, unbekannte Kulturen und Ethno-Food – die Neugier und das Fernweh bringen sie gemeinsam raus in die weite Welt. Nach einigen Jahren heiraten beide und bekommen sogar drei Kinder: Rueben, Noah und Oliver.
Mit drei kleinen Kindern verändert sich nicht nur das Leben, die Umstände lassen nicht mehr so viel Reisefreiheit zu wie zuvor. Das Reisen muss so einige Jahre warten, bis sie schließlich zu fünft einen Urlaub in Thailand wagen. Dort angekommen, ist die die Stadt Phuket wohl zum bleibeten Touristenort geworden, was eigentlich nicht dem Plan entsprach, den Kindern eine authentische, andere Welt zu zeigen. Kurzerhand fahren sie tiefer in das Land, abseits der Touristenhochburgen. Das ist es, was sie suchten: das richtige Leben in der Ferne!
Ein kleiner Moment und alles verändert sich
Die schönen Momente werden von einem Augenblick zum nächsten wohl auch die schmerzlichsten. Auf einer Aussichtsplattform geschieht das Unvorhersehbare: Kleinigkeiten und banale Dinge entscheiden manchmal über Leben und Tod. In diesem Falle sind es morsche Balken, die nachgaben und Sam in die Tiefe stürzen ließen. Sie ist dabei nicht gestorben, dennoch folgen lange Tage und Nächte, in denen sie kämpft und der Kampf noch nicht gewonnen ist. Das Schicksal entscheidet: Sie soll leben. Gezeichnet vom Unfall, ist Sam, die lebenslustige und starke Sam, auf den Rollstuhl angewiesen. Ein kleiner Moment der Unachtsamkeit und alles verändert sich. Auch Sam. Auch der Rest der Familie, die die schrecklichen Momente miterleben musste. Hautnah.
Sam hat mit ihrem Schicksal zu kämpfen. Sie ist von der Brust abwärts gelähmt und in alltäglichen Lebenslagen auf Hilfe angewiesen. Wie demütigend muss diese unerwartete Situation sein, wenn doch zuvor alles selbstständig erledigt wurde. Die Freiheit auch alles selbst erledigen zu können. Diese Freiheiten sind vorbei. Von Tag zu Tag schwindet die Hoffnung ein klein wenig mehr und Sam zieht sich zurück, die Familie ist machtlos und scheinbar so hilflos wie Sam selbst.
Engel gibt es in allen Formen und Größen
Ein kleiner Hoffnungsschimmer ist eine kleine Elster, die fast leblos auf dem Asphalt mit einem verletzten Flügel, gefunden wird. Sie muss wohl aus dem Nest in die Tiefe gestürzt sein. Kurzerhand wird sie eingesammelt und Zuhause mit allem Nötigen versorgt. Auch sie (tatsächlich ein Weibchen) kämpft um ihr Leben, die Verletzungen sind enorm. Sie wird in der Familie aufgenommen und durch ihr schwarz-weißes Gefieder „Penguin“ getauft. Die Kinder kümmern sich aufopferungsvoll und das neue Familienmitglied – sie schafft es, wächst und gedeiht. Das Ziel: selbstständiges Fliegen, die Freiheit.
Gemeinsam sind wir stark
Die Elster beschert der Familie nicht nur Unmengen an Lacheskapaden und innigen Momenten, sie wird zum echten Familienmitglied. Sie ist fester Bestandteil und durchläuft sogar die ein oder andere Phase: Wie ein Teenager hat sie ihre kuriose und rebellische Phase. Als sie alt genug ist, muss sie sogar ausziehen – für beide Parteien keine leichte Aufgabe. Eine besondere Verbindung bleibt nicht unentdeckt: die zu Sam. Die beiden haben Gemeinsamkeiten: Ein Sturz, eine Verletzung, eine Herausforderung. Sie werden unzertrennlich und gehen eine tiefe Beziehung ein: Sie sind gemeinsam stark, bewältigen ihr Schicksal, kämpfen und geben sich gegenseitig Halt. So gelingt beiden das Undenkbare: sie genesen – beide auf ihre Art und Weise.
Was bleibt?
Verblüffende und wahre Geschichte, die wohl ein guter Geschichtsschreiber kaum besser hätte schreiben können – wirklich eine Überraschung. Das Buch ist durchaus gelungen – eine Mischung aus Schock, Unterhaltung, Lachen und großem Mut. Es ist ein Buch über unschöne Dinge, die am zwar Ende bleiben, also kein typisches „Happy End“, aber mit denen man sich arrangiert und den Umgang mit ihnen lernt.
Besonders gefällt mir, dass Cameron Bloom, der Ehemann die Geschichte aus seiner Sicht erzählt – auch ganz klar eine Liebeserklärung an seine Frau. Er findet für mich die richtigen Worte. Zu Beginn in einem Prolog, in dem die Geschichte kurz, aber treffend und ohne Ausschmückung emotional geschildert wird. Nicht nur Sam, die mit den Folgen des Unfalls und ihrer Querschnittslähmung zu kämpfen hat, befindet sich in der Hilflosigkeit – auch der Rest der Familie hat mit der Situation zu kämpfen. Aus ihm spricht Hilflosigkeit und die Angst seine Frau und das Leben, das sie führten, zu verlieren.
Das Fotobuch ist als solches mit weniger Text ausgestattet, die Fotos sprechen aber eine eigene Sprache. Sie zeugen von Liebe, Hoffnung und Mut, mit denen sich Tier und Mensch begegnen. Fotos und Texte sind dabei ganz aufeinander abgestimmt.
Am Ende meldet sich Sam selbst zu Wort, ganz offen und ehrlich: Sie schildert ihre Erfahrungen und gibt einen ungeschönten Einblick in das Leben nach ihren Unfall. Die Worte „Gib nie auf“ sind auch aus Sicht eines Unbetroffenen in dieser Situation schwer vorstellbar. Bewundernswert, dass sie es am Ende doch geschafft hat und darüber sprechen kann und versucht anderen Mut zu geben – sowohl direkt Betroffenen als auch den Verwandten und Freunden – und auch das schafft sie ganz ungezwungen und authentisch. Ein Buch, das sich lohnt.
Was genau?
Titel: Penguin Bloom – Der kleine Vogel, der unsere Familie rettete
Autor: Cameron Bloom, Bradley Trevor Greive
Verlag: Albrecht Knaus Verlag
Seitenzahl: 208, gebundene Ausgabe
Erschienen: 13.02,2017
Preis: 19,99 €
Leseprobe gibt es hier
Die Autoren
Cameron Bloom begann seine Karriere mit 16 Jahren als Surf-Fotograf an den Stränden Sydneys. Als Fotograf reiste er mit seiner Familie durch die ganze Welt. Seine Arbeiten wurden in internationalen Zeitschriften wie Harper’s Bazaar, Vogue und dem Gourmet Traveller veröffentlicht. „Penguin Bloom“ ist sein erstes Buch.
Bradly Trevor Greive AM, 1970 in Tasmanien geboren, wurde mit „The Blue Day Book“ zum internationalen Bestsellerautor. Seine Bücher sind in 115 Ländern erschienen und verkauften sich bisher über 25 Millionen Mal. Für seinen außergewöhnlichen Beitrag zur Literatur und zum Naturschutz wurde ihm im Jahr 2014 der Order of Australia verliehen.